Teil 14 Sektion Skinnera

von Henk Hoefakker

Eine etwas spezielle Sektion ist Skinnera. Zusammen mit Fuchsia procumbens, die früher auch zu dieser Sektion gehörte, enthält sie die Arten, die nicht in Süd- und Mittelamerika vorkommen. F. procumbens aus der Sektion Procumbentes haben wir bereits vor einiger Zeit besprochen. Diesmal sehen wir uns nun also die Arten der Sektion Skinnera an. Diese Sektion geht zurück auf Johan Reinhold Forster und seinen Sohn George. Die Forsters waren Naturforscher auf Kapitän Cooks zweiter Reise nach Neuseeland (1772-1775). Die neu gefundenen Arten wiesen sie erst einer neuen Gattung Skinnera zu und zwar zu Ehren des britischen Botanikers Richard Skinner. Spätere Untersuchungen ergaben aber, dass sie in die Gattung Fuchsia gehören. Der ursprüngliche Gattungsname wurde dann als Sektionsname übernommen.

Fuchsia excorticata wurde 1776 zum ersten Mal beschrieben und zwar durch die oben genannten Forsters. Entdeckt wurde sie aber bereits durch Joseph Banks (englischer Botaniker) und Daniel Solander (schwedischer Botaniker), die beide anlässlich von Kapitän Cooks erster Reise (1768-1771, he) mit an Bord der Endeavour waren. Excorticata bedeutet "abblätternde Rinde", welches auf die charakteristische Rinde hinweist, die in dünnen Schichten vom Stamm abblättert. Diese Art wird auch Baumfuchsie genannt. Sie kann bis 13 m hoch werden und ist somit die grösste Art unter den Fuchsien. Sie wächst in den Wäldern von Neuseeland und ist dort einer der am häufigsten vorkommenden einheimischen Bäume. Zudem gehört F. excorticata zu den wenigen einheimischen Bäumen in Neuseeland, die die Blätter fallen lassen. Der Stamm kann bis 1 m im Durchmesser erreichen. Das Holz weist eine schöne Zeichnung auf und wird für dekorative Einlegearbeiten, Möbel und Schnitzereien verwendet. Bei den Maoris heisst der Baum Kotukutuku und die Beeren bezeichnen sie als Konini. Die charakteristisch spitz zu laufenden Blätter werden bis 10 cm lang. Die Oberfläche ist matt grün und etwas rau, die Unterseite silbrig-grauweiss. Das Fehlen von Chlorophyll an der Unterseite ist der Grund für diese etwas ungewöhnliche Farbgebung. Die Blüten sind schlank, werden bis 4 cm lang und sind zwittrig oder weiblich. Der blaue Pollen ist ein charakteristisches Kennzeichen dieser Sektion. Die Blüten sind unauffällig grün und verfärben sich purpurn. Sie entspringen in den Blattachseln, aber auch direkt an Zweigen oder am Stamm. Die Beeren reifen dunkelviolett und werden gerne von Vögeln gefressen. 

F. excorticata

F. excorticata

Im Jahr 1927 haben Leonard Cockayne und Harry H. Allan Fuchsia perscandens beschrieben. Sie wurde aber wohl schon viel früher entdeckt, wahrscheinlich durch den Botaniker Joseph D. Hooker. Der Name bedeutet "irgendwo durchkletternd", was darauf hinweist, dass sie lianenartige Wuchseigenschaften aufweist. Die Zweige liegen oft auch auf dem Boden, wo sie Wurzeln schlagen und neue Pflanzen bilden. Diese Fuchsien wachsen längs den Rändern der Tieflandwälder und kommen natürlicherweise nicht vor im nördlichen Teil der Nordinsel. Der Hauptstamm kann bis zu 5 cm dick werden und bildet wenige Seitenzweige aus. Die Rinde ist hellbraun und abblätternd. Die spärlich vorkommenden Blätter hängen an schlanken Stielen. Auf der Oberseite sind sie bleichgrün und auf der Unterseite weisslich grün. Auch bei dieser Art erscheinen die Blüten direkt am Stamm oder auf Zweigen. Sie treten einzeln oder in Büscheln von zwei bis drei auf. Diese Art hat, wie auch F. procumbens, zwittrige, männliche und weibliche Blüten. Sie sind grün und verfärben nach rotbraun. Die Beeren sind bei Vollreife dunkelviolett.
F. x colensoi wurde 1887 von Joseph Dalton beschrieben und nach William Colenso benannt, einem von Neuseelands ersten Pionieren und Missionaren, der aber auch ein leidenschaftlicher Amateurbotaniker war. Colenso hat diese Fuchsie auf einer seiner ausgedehnten botanischen Entdeckungsreisen durch die Nordinsel gesammelt. Es ist eine weit verbreitete Hybride zwischen F. excorticata und F. perscandens. Es gibt aber auch Stimmen, die sie als eigene Art betrachten, da sie auch in Gebieten vorkommt, in denen F. perscandens nicht anzutreffen ist. Die Blüten gleichen denen von F. excorticata. F. x colensoi ist aber ein etwas zaghafter Blüher und die Farben bilden sich nicht so intensiv aus. Die Pflanze ist ein Stück kleiner als F. excorticata und sie wächst als aufrechter Strauch. Die langen, "wilden" Zweige tragen Blätter, die kleiner, rundlicher und weniger spitz sind als die des "grossen Bruders". Auch kommt diese Fuchsie nicht so verbreitet vor. Natürlicherweise wachsen sie längs der Ränder der Tieflandwälder bis in Höhen von 480 m.

F.  perscandens 

F. x colensoi

F.  cyrtandroides

Die letzte Art dieser Sektion ist Fuchsia cyrtandroides. Sie wurde erst 1940 durch John W. Moore beschrieben, entdeckt wurde sie aber bereits 1927 und zwar auf Tahiti. Dort, auf den höchsten vulkanischen Spitzen, ist das einzige Vorkommen dieser Art. Tahiti liegt 4830 km nordöstlich von Neuseeland, Richtung Südamerika. Der Name weist auf eine Ähnlichkeit mit der Gattung Cyrtandra hin, einer der erstaunlichsten Gattungen innerhalb der Familie der Gesneriengewächse (zu der auch die Saintpaulia gehören), die häufig auf Hawaii, Tahiti und anderen pazifischen Inseln vorkommen. Cyrtandra bedeutet "mit krummen Staubblättern". Konkret ist wohl Cyrtandra tahitensis gemeint. Die beiden Pflanzen haben vergleichbare gegenständige Blätter, die auf der Unterseite auffallend weisslich sind. F. cyrtandroides gleicht bezüglich Habitus F. excorticata, aber die Blätter sind noch steifer, dicker und härter. Sie wächst weniger hoch, aber doch auch bis zu 5 m. Ihre braune Rinde ist weich, blättert aber nicht so stark ab, wie die der neuseeländischen Arten. Die Blätter sind etwas heller und ihre Form etwas ovaler. Die Unterseite ist wegen dem fehlenden Chlorophyll ziemlich bleich. Auch bei dieser Art entspringen die Blüten direkt aus den Zweigen. Die kugelige Ausbuchtung an der Basis des Tubus, wie sie bei den "Neuseeländern" typisch ist, fehlt hier. Soweit bekannt, treten nur zwittrige Blüten auf. Auch die Beeren gleichen denen der F. excorticata, mit einem kleinen Unterschied in der Form. Verglichen mit anderen Sektionen der Gattung Fuchsia, ist diese Sektion eher interessant als schön, wobei aber die Blüten bei näherer Betrachtung sehr faszinierend sind. Alle Arten sind Winterblüher, sie blühen am kahlen Holz vor dem Austrieb der Blätter. Es sind kleine, unauffällige, grün bis purpurn gefärbte Blüten, die aber doch auffallen, weil die Pflanzen meist noch kahl sind. Sie haben alle dasselbe blaue Staubmehl wie F. procumbens. Den Sommer durch stellen sie nichts Besonderes dar, gewöhnliche grüne Sträucher. Im Winter stehen sie im Gewächshaus, welches in der Regel übervoll ist und dadurch kommen sie auch nicht so recht zur Geltung. Aber sie bleiben spezielle Pflanzen und dadurch doch wohl der Mühe wert.


Quelle: Fuchsiana 04/2013
Übersetzung: Hans Eggenberger (he)
Fotos: Henk Hoefakker, Hans Eggenberger