Teil 7 Sektion Procumbentes
von Henk Hoefakker
Dieses Mal behandeln wir wieder eine kleine Sektion und zwar Procumbentes. Sie enthält nur eine Art, nämlich die allgemein bekannte Fuchsia procumbens. Es ist eine neuseeländische Art und bildete früher zusammen mit den anderen Arten aus Neuseeland eine Sektion [Skinnera (he)]. Paul Berry hat sie dann aber in eine eigene Sektion gestellt. Sie wächst als Bodenbedecker und erweist damit dem Namen alle Ehre, bedeutet doch procumbens niederliegend. Es ist also eine kriechende Pflanze mit einem Wirrwarr von Stängeln mit kleinen, hellgrünen, beinahe runden herzförmigen Blättern. Die sehr speziellen Blüten stehen aufrecht und haben keine Kronblätter. Der Tubus ist gelb und die zurückgeschlagenen Kelchblätter sind grünlich gelb an der Unterseite und dunkelgrün bis violett an der Oberseite. Die Staubfäden sind rot, die Staubbeutel gelb und das Staubmehl ist blau. Wahrlich eine für Fuchsien ungewöhnliche Farbkombination. Nur schade, dass die Blüten zwischen den hellgrünen Blättern nicht so auffallen. Auf Abbildungen und Fotos sieht es meist gut aus, weil auf das schöne Detail fokussiert wird. Aus der Nähe betrachtet, sieht man die besondere Schönheit sehr gut. Aber dabei bleibt es nicht. Eine weitere Attraktion sind die Beeren. Sie werden relativ gross (bis zu 2 cm) und nehmen im reifen Zustand eine hellrote Farbe an, oft mit einer weisslichen, wachsartigen Schicht überzogen. So bleiben sie bis in den Winter hinein hängen.
Ein weiteres Merkmal macht F. procumbens in der Fuchsienwelt zum Aussenseiter. Sie ist die einzige Art, die gemäss Literatur in drei Geschlechtsformen vorkommt. Es gibt zwittrige, männliche und weibliche Pflanzen und ist somit also dreihäusig (triözisch). Die männliche Form trug wegen ihrem leicht abweichenden Aussehen in Form und Farbe eine Zeit lang einen eigenen Art-Namen, F. kirkii, benannt nach Herr T. Kirk. Ein Vorteil aus diesen verschieden Geschlechtsformen ergibt sich dadurch, dass die zweigeschlechtigen sich selbst bestäuben und daher für genügend Samen und Nachkommen sorgen können, während bei den weiblichen Pflanzen durch Kreuzbestäubung andere und vielleicht vorteilhaftere Genkombinationen entstehen können. Leider habe ich noch nie eine weibliche Pflanze gesehen. Etwas sonderbar ist, dass nach meinen Beobachtungen auch die männlichen und zwittrigen Pflanzen nicht in der Reinform vorkommen. Wenn ich eine zwittrige Pflanze betrachte, finde ich da auch Blüten ohne oder mit reduziertem Stempel, also männliche Blüten. Auf der «F. kirkii» (ungültiger Name für die männliche F. procumbens) finden man erwartungsgemäss viele männliche Blüten, also Blüten alleine mit Staubfäden und allenfalls reduziertem Stempel dazwischen.
Aber bei dieser Form finde ich regelmässig auch zweigeschlechtliche Blüten. Ist es dann noch eine männliche Pflanze? Noch wunderlicher ist, dass diese männlichen Blüten auch einen Fruchtknoten haben und sogar hie und da Beeren ausbilden. Es gibt dafür zwar einen komplizierten botanischen Begriff und eine Erklärung, für mich bleibt es aber verwunderlich. F. procumbens ist einfach zu halten, sie hat gern etwas Licht, ist aber am liebsten im Halbschatten und hat gerne humusreichen, wasserdurchlässigen Boden. Sie kann etwas Frost vertragen und daher mit etwas Abdeckung einen nicht allzu harten Winter draussen überstehen. Die Pflanze lässt sich leicht stecken. Auch können am Boden liegende Stängel wurzeln und dadurch direkt verpflanzt werden. In einem Topf bildet F. procumbens einen schönen Hänger. Es sind verschiedene Varianten im Umlauf, die sich doch merklich unterscheiden, was die Blattfarbe und die Anzahl der Blüten betrifft. Die Pflanzen blühen länger und besser, wenn die Beeren entfernt werden. Nebst den grünblättrigen gibt es auch buntblättrige Varianten, F. procumbens var. argenta und var. wirral. F. procumbens var. argenta ist eine Varietät mit grauem (silbernem) Blatt, oft mit weissen Rändern. Auch F. procumbens var. wirral hat diese graue Blattfarbe, aber dann kombiniert mit Weiss und Rosarot, wie wir es auch kennen von F. magellanica var. tricolori.
Quelle: Fuchsiana 02/2012
Übersetzung: Hans Eggenberger (he)
Fotos: Henk Hoefakker